In Mecklenburg-Vorpommern ist der Präsident des Finanzgerichts zugleich der Präsident des Oberverwaltungsgerichts: Michael Sauthoff übt dort eine Doppelpräsidentschaft aus und führt an beiden Obergerichten zudem insgesamt fünf Senate als Vorsitzender.
In einem aufsehenerregenden Beschluss hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun erklärt, dass diese Ämterhäufung geeignet sei, das Vertrauen in die Sachlichkeit der Entscheidungsfindung zu beeinträchtigen.
Vorausgegangen war dieser Entscheidung die Klage einer Kurklinik, die einen Billigkeitserlass bei der Umsatzsteuer erwirken wollte. Der Senat des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern (FG), der unter dem Vorsitz von Sauthoff steht, gab der Klinik 2017 recht, wogegen das unterlegene Finanzamt vor den BFH zog.
Es machte eine nichtordnungsgemäße Besetzung des FG geltend und erklärte, dass es schwerlich nachvollziehbar sei, wie der vorsitzende Richter bei der Leitung von zwei Obergerichten und fünf Senaten noch den Anforderungen der Rechtsprechung nachkommen könne. Der Vorstoß hatte Erfolg: Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun wegen eines Besetzungsmangels auf und verwies die Sache zurück an das FG.
Die Bundesrichter erklärten, dass das Vertrauen in die Sachlichkeit der Entscheidungsfindung nur gewährleistet sei, wenn bei einer Doppelpräsidentschaft ein Geschäftsverteilungsplan vorliege, aus dem sich ergebe, mit welchem Anteil seiner Arbeitskraft der Finanzgerichtspräsident seinem Senat zugewiesen sei. Nur so könne beurteilt werden, ob er entsprechend dem Leitbild eines Richterpräsidenten im erforderlichen Umfang seinen „spruchrichterlichen“ Tätigkeiten nachkomme. Nach Ansicht des BFH ist eine mindestens 50%ige Arbeitskraftzuweisung für die Arbeit im finanzgerichtlichen Senat erforderlich.
Hinweis: Die Entscheidung des BFH ist von großer Bedeutung für die Rechtsprechung in Mecklenburg-Vorpommern. Wer in diesem Bundesland kürzlich einen Prozess vor dem Präsidentensenat des FG verloren hat, sollte mit seinem Steuerberater besprechen, ob mit der „Rückendeckung“ der BFH-Rechtsprechung gegen die finanzgerichtliche Entscheidung vorgegangen werden sollte.