In einem aktuellen Urteil ist der Bundesfinanzhof (BFH) der Frage nachgegangen, ob im Fall eines nachträglichen Verzichts auf eine Umsatzsteuerfreiheit ein insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot greift.
Im zugrundeliegenden Fall war über das Vermögen einer GmbH im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Eine KG hatte der GmbH bislang die notwendigen Betriebsanlagen (z.B. Grundstücke und Gebäude) zur Verfügung gestellt. Da zwischen beiden Gesellschaften eine umsatzsteuerliche Organschaft angenommen worden war, blieben deren Innenumsätze umsatzsteuerlich zunächst außer Betracht.
Nachdem die KG in 2009 das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft in Abrede gestellt hatte und das Finanzamt dieser Auffassung gefolgt war, stellte die KG dem Insolvenzverwalter eine Rechnung aus, in der sie erstmals über erbrachte Pachtleistungen gegenüber der GmbH für die Altjahre 2006 bis 2009 abrechnete und Umsatzsteuer auswies. Das Guthaben, das aus dem entsprechenden Vorsteuerabzug entstand, wurde vom Finanzamt mit Steuerschulden der GmbH verrechnet, wogegen der Insolvenzverwalter klagte.
Der BFH wies die Klage nun ab und stufte die Aufrechnung als rechtmäßig ein. Zwar darf nach der Insolvenzordnung keine Aufrechnung erfolgen, wenn ein Insolvenzgläubiger (hier: das Finanzamt) erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig wird. Allerdings ist diese Regelung im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die KG hatte die Pachtleistung durch die späte Rechnungsstellung als steuerpflichtigen Umsatz behandelt und auf die bestehende Umsatzsteuerfreiheit für Pachtleistungen verzichtet, so dass der Umsatz rückwirkend steuerpflichtig wurde. Auch wenn der Insolvenzverwalter den Vorsteuerabzug erst mit Rechnungserhalt geltend machen konnte, so war dieses Recht materiell-rechtlich bereits entstanden, als die Pachtleistung erbracht wurde. Das Recht auf den Vorsteuerabzug war somit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, so dass das insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbot nicht griff.