Im medizinischen Sektor sind zwei Umsatzsteuerbefreiungen von zentraler Bedeutung:

  • Ärztliche Tätigkeiten: Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die bei der Ausübung von ärztlichen und arztähnlichen Berufen durchgeführt werden, sind nach den europarechtlichen Vorgaben der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) steuerfrei zu stellen. Das Umsatzsteuergesetz (UStG) setzt diese Befreiung über § 4 Nummer 14 Buchstabe a Satz 1 um.
  • Krankenhausbehandlungen: Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder von vergleichbaren anderen anerkannten Einrichtungen bewirkt werden, sind nach den Vorgaben in der MwStSystRL ebenfalls steuerfrei zu belassen. Das UStG sieht hierfür die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nummer 14 Buchstabe b vor, die jedoch weitere Voraussetzungen an die Befreiung knüpft. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass auch medizinische Versorgungszentren, Einrichtungen von Laborärzten und klinischen Chemikern sowie Praxiskliniken unter diese Vorschrift fallen.
  • Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag nun der Fall eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik vor, der medizinische Analysen für eine Labor-GmbH angefertigt hatte. Letztere erbrachte Laborleistungen für niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Das Finanzamt hatte dem Facharzt die Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin verwehrt und darauf verwiesen, dass das für die Befreiung erforderliche persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient hier nicht vorgelegen habe.

    Der BFH hat das Verfahren nun ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit dieser Sache betraut. Konkret geklärt werden soll über das Vorabentscheidungsersuchen, ob die europarechtliche Steuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin nur greift, wenn auch die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen erfüllt sind.

    Der BFH ist der Ansicht, dass die vorliegend zu beurteilenden Leistungen des Facharztes als Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin steuerfrei gestellt werden müssen. Sofern der EuGH diese Steuerbefreiungsvorschrift für anwendbar hält, muss er zudem darüber entscheiden, ob die Befreiung ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt voraussetzt.