Nach den Regelungen der Finanzgerichtsordnung müssen Gerichte den Sachverhalt, der einem Rechtsstreit zugrunde liegt, von Amts wegen erforschen. Dabei steht es in ihrem pflichtgemäßen Ermessen, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Hiervon können die Gerichte aber absehen, wenn sie selbst über die nötige Sachkunde verfügen und dies in ihren Entscheidungsgründen darlegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt ein Gericht ermessensfehlerhaft, wenn es von der Einholung eines entsprechenden Gutachtens absieht, obwohl sich die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.
Dem Bundesfinanzhof (BFH) lag nun ein solcher Fall vor, in dem der Beteiligungswert einer nichtbörsennotierten AG unklar war. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) hatte von der Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert der Beteiligung abgesehen und sich bei der Unternehmensbewertung stattdessen auf zwei Veräußerungsvorgänge gestützt, die elf bzw. 13 Monate nach dem zu beurteilenden Stichtag stattgefunden hatten.
Der BFH hob das Urteil nun jedoch wegen der Verletzung der Sachaufklärungspflicht auf und verwies die Sache zurück an das FG. Nach Meinung der Bundesrichter lag ein Ermessensfehler vor. Das FG habe nicht dargelegt, dass es selbst über die notwendige Sachkunde für die Unternehmensbewertung verfüge. Da die Wertermittlung von Beteiligungen an nichtbörsennotierten AGs komplex sei und branchenbezogene Sachkunde voraussetze, hätte sich beim FG die Notwendigkeit zur Einholung eines Sachverständigengutachtens aufdrängen müssen.
Hinweis: Das FG muss den Fall nun in einem zweiten Rechtsgang neu aufrollen und ein entsprechendes Gutachten zur Unternehmensbewertung einholen.