Im Dezember 2014 erging das langersehnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Damals kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das bisherige Gesetz verfassungswidrig war. Es sollte nur noch bis zum 30.06.2016 weitergelten, bis dahin sollte eine Neuregelung getroffen werden. Auch wenn das nun schon einige Zeit her ist, gibt es immer noch Fälle, für die in aktuellen Bescheiden weiterhin das alte ErbStG 2009 anwendbar ist. Unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist, musste das Finanzgericht Hamburg (FG) entscheiden.

Im Jahr 2013 hatte die Klägerin ein Mietwohngrundstück und ein Einfamilienhaus geerbt. Mit Bescheid vom 28.07.2015 setzte das Finanzamt die Steuer vorläufig im Hinblick auf das Verfahren vor dem BVerfG fest. Aufgrund von Änderungen der Grundbesitzwerte ergingen Änderungsbescheide. Der letzte Bescheid wurde am 19.07.2016 – und somit nach Ablauf der Fortgeltungsfrist für das ErbStG 2009 – erlassen. Die Klägerin war der Meinung, dass nach dem 30.06.2016 das ErbStG 2009 nicht mehr angewendet werden darf.

Das FG wies diese Sichtweise entschieden zurück. Das Urteil zum ErbStG enthält eine Weitergeltungsanordnung, aufgrund welcher das ErbStG 2009 weiterhin auf Erbfälle anwendbar ist, die bis zu der bis zum 30.06.2016 zu treffenden Neuregelung eingetreten sind. Entscheidend für die Anwendbarkeit ist der Zeitpunkt des Erbanfalls. Es sollten keine Erbanfälle, die vor dem Fristablauf verwirklicht wurden, ausgeschlossen werden. Bei einer stichtagsbezogenen Besteuerung – wie eben bei Erbschaften – kommt es auf die Verwirklichung bis zum Stichtag des Fristablaufs und nicht auf spätere, die Steuerfestsetzung betreffende zufällige Daten von Bescheiden, Einspruchsentscheidungen oder gerichtlichen Entscheidungen an. Die Klägerin hatte im Jahr 2013 geerbt und damit eindeutig vor Fristablauf. Das FG hat hinsichtlich der Weitergeltungsanordnung oder der Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG keine Zweifel.