Wenn Sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien erzielen, können Sie diese steuerlich nur mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnen (eigener Verlustverrechnungskreis). Sofern Sie im Verlustentstehungsjahr keine entsprechenden Gewinne realisiert haben, trägt das Finanzamt die Verluste grundsätzlich in die folgenden Kalenderjahre vor, so dass sie später mit Gewinnen aus künftigen Veräußerungsgeschäften verrechnet werden können und der Steuerspareffekt somit nicht verlorengeht.
Nach Ansicht der Finanzämter darf ein Verlust aus einer Aktienveräußerung aber steuerlich nicht berücksichtigt werden, wenn der Veräußerungspreis der Aktien niedriger als oder genauso hoch ist wie die anfallenden Veräußerungskosten (Transaktionskosten). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Regelung nun jedoch „aus den Angeln gehoben“ und entschieden, dass eine steuerliche Verlustanerkennung weder von der Höhe des Veräußerungspreises noch der Veräußerungskosten abhängen darf.
Im Urteilsfall hatte ein Anleger ein Aktienpaket zum Preis von knapp 5.800 EUR erworben und Jahre später für nur 14 EUR verkauft. Von diesem bescheidenen Verkaufspreis sah er jedoch keinen einzigen Cent, da das eingeschaltete Kreditinstitut noch Transaktionskosten von 14 EUR einbehielt. Der Anleger wollte den Veräußerungsverlust von etwa 5.800 EUR steuermindernd abziehen, was das zuständige Finanzamt allerdings ablehnte.
Der BFH erkannte den Verlust nun jedoch an und verwies darauf, dass jede entgeltliche Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums auf einen Dritten eine steuerlich relevante Veräußerung darstellt. Weitere Voraussetzungen – wie beispielsweise eine bestimmte Höhe des Veräußerungspreises oder der Veräußerungskosten – werden vom Einkommensteuergesetz nicht genannt, so dass die einschränkende Regelung der Finanzverwaltung keinen Bestand haben kann.
Hinweis: Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung ihre einschränkende Regelung zur Anerkennung von Veräußerungsverlusten nun angesichts der offenkundig anderslautenden BFH-Rechtsprechung aufgeben wird.
Der BFH schloss im Urteilsfall auch einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch aus, der einen Verlustabzug ebenfalls verhindert hätte. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass es Anlegern grundsätzlich freisteht, ob, wann und mit welchem Ertrag sie Wertpapiere erwerben und wieder veräußern.