Wer seine vereinbarte Arbeitszeit überschreitet, macht Überstunden. Ob und wie diese vergütet werden, hängt von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ab. Werden die Überstunden ausbezahlt, so sind sie – wie anderer Arbeitslohn auch – der Lohnsteuer zu unterwerfen. Wie ist es aber, wenn die Überstunden über einen längeren Zeitraum angesammelt und dann geballt ausbezahlt werden? Wird die Vergütung dann mit dem Regelsteuersatz versteuert oder gilt sie als Arbeitslohn für mehrere Jahre und unterliegt damit dem ermäßigten Steuersatz? Dieser Frage musste sich das Finanzgericht (FG) Münster kürzlich annehmen.

Der Kläger hatte in den Jahren 2013 bis 2015 rund 330 Überstunden erbracht. Im August 2016 vereinbarte er mit seinem Arbeitgeber, dass sein Arbeitsvertrag zum 30.11.2016 aufgehoben wird. Zu diesem Zeitpunkt war er schon seit September 2015 ununterbrochen krank und es war nicht mehr davon auszugehen, dass er an seinen Arbeitsplatz zurückkehren würde. Die angesammelten Überstunden wurden mit einem Betrag von 6.000 EUR abgegolten und es wurde ein weiterer Betrag für nichtgenommene Urlaubstage vereinbart. Man war sich einig, dass damit alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten waren. Weitere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte der Kläger im Jahr 2016 nicht. Das Finanzamt betrachtete diese Zahlung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, ohne den ermäßigten Steuersatz für außerordentliche Einkünfte zu berücksichtigen.

Das FG gab dagegen dem Kläger recht, dass die Überstundenvergütung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Denn sie wurde laut Aufhebungsvertrag für „geleistete und bislang nicht ausgezahlte Überstunden“ gezahlt und war also eine Gegenleistung für Arbeit im Rahmen des Dienstverhältnisses. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden, wenn sie – wie im Urteilsfall – zusammengeballt zufließen. Hier erfolgte die Vergütung nämlich für einen mehrjährigen, das heißt einen sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckenden und mehr als zwölf Monate umfassenden Zeitraum.

Die Tatsache, dass sich die Überstundenvergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Jahr zugerechnet werden können, steht der Annahme einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht entgegen. Nach Ansicht des FG kann die Nachzahlung einer Überstundenvergütung nicht anders behandelt werden als die Nachzahlung von Lohn für eine reguläre Arbeitsleistung.

Hinweis: Das FG Hamburg hat eine solche Konstellation in einem älteren Fall im Jahr 2002 allerdings anders beurteilt und auch zu dem hier vorgestellten Fall ist bereits eine Revision vor dem Bundesfinanzhof anhängig. Wir halten Sie auf dem Laufenden.